Mit allen Sinnen erinnern
Gemeinsam entdecken und erinnern, lautet das Motto der Kirchenführung am 21. August in der Pfarrkirche Alberschwende unter der Leitung von Anita Ohneberg.
Hochbetagte und Menschen mit Demenz und deren Angehörige bzw. Begleitpersonen bekommen bei dieser besonderen Kirchenführung in Alberschwende die Möglichkeit, Erinnerungen, Eindrücke und Erfahrungen zu erleben und teilen.
„Ich werde bei meiner Arbeit, auch wenn sie manchmal herausfordernd ist, oft reich beschenkt“, berichtet die Fachsozialbetreuerin für Altenarbeit, die heute zwar im Ruhestand ist, aber sich weiterhin für beeinträchtigte und hochbetagte Menschen engagiert: Als Kulturvermittlerin mit Kirchenführungen, Seniorentheaterprojekten oder als Museumspädagogin. „Das Geschenk, das ich nach Hause mitnehme ist ein Lächeln. Schön ist es auch, wenn eine Erinnerung zurückkehrt und damit die Lebendigkeit wieder sichtbar wird.“
ERINNERUNGSRÄUME
Othmar Lässer, Verantwortlicher für die Kirchenführungen bei der Kath. Kirche Vorarlberg, weiß, dass Kirchen wunderbare Räume sind, um bei Menschen mit Beeinträchtigung Erinnerungen und Erlebnisse zu wecken. „Es ist immer berührend, wenn sich Teilnehmende einbringen“, so der Diözesankonservator. Beispielsweise, wenn Menschen beginnen, vor einer Marienstatue oder einem Antoniusbild aus ihrem Leben zu erzählen. „Kirchenführungen können den Alltag unterbrechen und für manchen kann es auch die Gelegenheit sein, in einen heimatlichen Raum zurückzukehren und vertrauten Kirchenduft zu schnuppern“, berichtet der Diözesankonservator.
Eine Demenzerkrankung stellt prinzipiell die Frage nach Würde, Autonomie und Identität des Menschen. Othmar Lässer sagt: „In der christlichen Tradition ist die Idee der Menschenwürde mit der Gottebenbildlichkeit des Menschen eng verknüpft. Jede Person, egal in welchem Zustand sie sein mag, besitzt vor und durch Gott eine unverlierbare Würde.“ Dazu gehört auch, dass Bedürfnisse anerkannt werden und diese als einen Teil der Autonomie zu achten.
VERBINDUNG AUFBAUEN
„Kunst und Kultur haben mich schon immer sehr interessiert und ich habe dann in Zusammenarbeit
mit der Stadt Bregenz angefangen, Stadtführungen für Menschen mit Beeinträchtigung anzubieten“,
erzählt Anita Ohneberg. Aus diesem Ansatz und ihrer beruflichen Erfahrung hat sich das Projekt Kirchenführungen für Hochbetagte und Menschen mit Demenz entwickelt.
„Es geht für mich einfach darum, wie ich die Menschen ansprechen und einen Bezug zu ihnen herstellen kann.“ Das funktioniert zum Beispiel so: Zu Beginn der Führung darf sich jede:r Teilnehmer:in aus einem großen Sack ein kleines Knistersäckchen herausnehmen und schauen, was drinnen ist. „Hier möchte ich
Spannung erzeugen, um die Menschen in ihrer Aufmerksamkeit zu aktivieren.“ Und es ist wichtig, sprachliche Brücken zu den Menschen zu bauen. Das macht Anita Ohneberg über biographische Fragen, Redewendungen und Assoziationen und gibt ein Beispiel: „Was für ein Gefühl hast du, wenn die Glocken läuten?“ Oder: „Was gibt es noch für Glocken?“ Das sind Fragen, die Erinnerungen und Gefühle wecken. Die
Kirchenführerin erinnert sich an eine Situation: „Einmal kam das Seil an der Glocke zur Sprache, da meinte eine Frau da kann ich meine Wäsche aufhängen“. Auch bekannte Redewendungen wie zum Beispiel „an einem Strang ziehen“ lassen Erinnerungen sprudeln.
Didaktisch ist es sinnvoll, so Ohneberg, bei den Führungen immer die ganze Gruppe anzusprechen: „Damit ist die Hemmschwelle geringer sich persönlich einzubringen.“ Eines ist klar, sagt die Fachsozialbetreuerin:
„Jede Antwort ist richtig.“
NETZWERK AUFBAUEN
Momentan finden zwei bis drei Führungen für hochbetagte und demente Menschen im Jahr statt, die sowohl bei den Teilnehmer:innen wie Angehörigen und Betreuer:innen großen Anklang finden. Ziel von Anita Ohneberg und Othmar Lässer ist es, über die nächsten Jahre ein größeres Netzwerk aufzubauen und in
Kooperation mit Senioren- und Pflegeheimen mehr Kirchenführungen für Menschen mit Demenz anbieten zu können.
ROSA ANDREA MARTIN
Kirchenführung
Mi, 21. August, 14.30 Uhr,
Pfarrkirche Alberschwende, mit
Anita Ohneberg, Anmeldung:
T 0699 19572503