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Die kleinen Geschichten in der großen

Anita Ohneberg (56) aus Hard ist die Leiterin der Seniorentheatergruppe Vorarlberger Spätlese und auch in vielen anderen Bereichen äußerst engagiert.

BRIGITTE KOMPATSCHER (Neue Zeitung)

Seifenblasen“ heißt das Stück, mit dem Anita Ohneberg (56) mit ihrer Seniorentheatergruppe Vorarlberger Spätlese am kommenden Freitag im vorarlberg museum in Bregenz auftreten wird. Noch ist das sechsköpfige Team im Harder Seezentrum mit den Proben des „Clownesken Erinnerungs theaters“ beschäftigt – bis zum Auftritt kommende Woche beim Seniorentheaterfestival sollte es dann passen. So wie jedes Mal.

Anita Ohneberg ist gelernte Pflegerin. Siebzehn Jahre lang war die Harderin in der Pflege tätig, bis eine Krankheit sie vor einiger Zeit dazu zwang, den Beruf aufzugeben. Mit dem Seniorentheater, das nun einen Großteil ihrer Zeit ausfüllt, ist sie noch während ihrer aktiven Berufszeit in Kontakt gekommen – im Rahmen eines Seminars, an dem sie und Kolleginnen vor rund zehn Jahren in Batschuns teilgenommen hatten. „Damals ist es aufgekommen, in der Pflege verstärkt mit Biographien zu arbeiten“, erinnert sie sich. In diese Richtung sollte auch das Seminar gehen. „Aber alle außer mir waren enttäuscht, weil es primär ums Erzähltheater gegangen ist“, lacht Ohneberg, „mir hat das sehr gut gefallen.“

Spielleiterin

Die Harderin hat in der Folge die Ausbildung zur Spielleiterin für Seniorentheater gemacht und ist nach einigen Anlaufschwierigkeiten 2008 mit der Vorarlberger Spätlese gestartet. Im April hat sie damals mit fünf älteren Menschen mit den Proben zu „Hänsel und Gretel“ begonnen, im Herbst wurde die Produktion beim Festival in Hard gezeigt und ist „saugut angekommen“. Es sind nicht die Grimm-Märchen, die die Gruppe, deren jüngstes Mitglied Jahrgang 1950 und das älteste Jahrgang 1930 ist, spielt. Die Stücke werden mit Hilfe der eigenen Erfahrungen jeweils selbst erarbeitet und geschrieben und das ist es auch, was die Leiterin fasziniert. „Das Biographische, der Platz, den die Geschichte jedes Einzelnen in der großen Geschichte hat.“ Und sie spricht auch von eigener Geschichtsbewältigung, die in diesem Kontext möglich sei.

Seit dem Auftritt im Herbst 2008 läuft die Sache mit dem Seniorentheater, so die 56-Jährige – wahrscheinlich nicht zuletzt aufgrund ihres Engagements, hat man den Eindruck. Das ganze Jahr über ist sie damit beschäftigt – mit zumeist langwieriger Stückfindung, Proben, Auftritten. „Heuer haben wir zum ersten Mal eine Sommerpause gemacht“, erzählt Ohneberg, deren Leidenschaft und Begeisterung für ihr Tun spürbar wird, wenn sie vom Seniorentheater erzählt. Ihre besondere Liebe gehört dabei Auftritten und Projekten in Altersheimen, mit deren Insassen schon gemeinsame Arbeiten realisiert wurden.

Die Entwicklung in Hinblick auf Selbstbewusstsein und Auftreten ist es, die die Harderin am Seniorentheater so spannend findet.  Aufzuzeigen, welches Potenzial auch in 80-Jährigen noch stecken kann und nicht zuletzt Menschen, die im Normalfall unsichtbar sind, sichtbar zu machen.

Fortbildungen

Das Sponsoring des heimischen Stromanbieters und die Auftritte in den Altersheimen ermöglichen Ohnebergs Seniorentruppe, die auch in Schulen mit einem Erzählcafé und einem Zeitzeugenprogramm unterwegs ist, Fortbildungen. Aber nicht nur im Bereich des Seniorentheaters ist die verheiratete Mutter dreier erwachsener Kinder („auf Enkelkinder warten wir noch“) engagiert. Sie singt in einem Chor in Fußach, ist Caritas Lesepatin, Museumsbegleiterin im Museum Rheinschauen und hält Kurse zur Erhaltung und Förderung der Selbstständigkeit älterer Menschen.

„Fad ist mir nicht“, so Ohneberg, deren Engagement über weite Strecken ehrenamtlich erfolgt. „Aber alle meine Tätigkeiten greifen ineinander, alles ist irgendwie verknüpft“, stellt sie fest. Und wie lange will sie mit dem Seniorentheater weitermachen? „Bis ich nicht mehr kann“, lacht die energievolle 56-Jährige, „Die Motivation ist voll da.“ Um dann hinzuzufügen: „Der Mensch ist es, der im Mittelpunkt steht, das, was die Leute sagen wollen. Und das ist es.“